Klassischer „Zehner“ mit prägenden Jahren in Bad Orb und Pfaffenhausen
Holger Haberkorn war 34 Jahre lang aktiv und spielte bei nur vier Vereinen
Von Günter Kircher
Fußball. Zählt man Jugend und Seniorenzeit in der Karriere von Holger Haberkorn zusammen, kommen stolze 34 Jahre unter dem Strich raus. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der 46-Jährige in diesem großen Zeitraum nur bei vier Vereinen gespielt hat. Sein Heimatverein SV Pfaffenhausen, FC Bayern Alzenau, FSV Bad Orb und KG Wittgenborn waren die Stationen des auf der „Zehn" spielenden Linksfüßlers. In den letzten sieben Jahren seiner Laufbahn agierte Haberkorn als „Sechser" im defensiven Mittelefeld. Drei Meisterschaften und zwei Abstiege waren weitere Mosaiksteine in seiner langen Laufbahn. Wenn der Ball wieder rollen sollte, zieht es den Industrie-Mechaniker auf den Pfaffenhäuser Sportplatz, um seine 16-jährigen Zwillingssöhne Laurin und Lenn beim Fußballspielen zu beobachten.
Im Alter von sechs Jahren war der Fan des FC Bayern München erstmals mit dem „Virus" Fußball infiziert. Bis zum 18. Lebensjahr durchlief das Eigengewächs die Mannschaftsstufen beim SV Pfaffenhausen, die später in einer Spielgemeinschaft mit Burgjoß und Lettgenbrunn agierten.
Zu später Stunde aus der Disco In Kahl rausgeschmissen
Die ersten Schritte im Seniorenbereich absolvierte der damalige „Jungspund" unter den Trainern Wilhelm „Jupp" Lofink und Karl-Heinz Trageser beim SVP in der Bezirksliga Gelnhausen (heutige Kreisoberliga). Der Linksfuß weckte in dieser Zeit bereits die Begehrlichkeiten anderer Clubs. „Der damalige Trainer des Landesligisten FC Bayern Alzenau, Günter Oleknavicius, ließ mich beobachten und holte mich zu den Unterfranken. Ich fühlte mich schon ein wenig geschmeichelt, denn in der Vergangenheit hatte kein Hahn nach mir gekräht. An meinem 20. Geburtstag absolvierte ich das erste Training bei den kleinen Bayern", erinnert sich Haberkorn an seinen Einstieg beim Kahlgrund-Club.
Oleknavidus war zu Beginn der Saison durch Andreas Trageser ersetzt worden. „Ich bekam zwar meine Einsatzzeiten, konnte diese aber nicht richtig nutzen. Ich war einfach noch zu grün hinter den Ohren. Zudem konnte ich durch meine Leistungen nicht das Vertrauen des Trainers gewinnen." Trotzdem gab es in dieser Spielzeit unvergessene Erlebnisse. „Als wir am neunten Spieltag den ersten Sieg einfuhren, haben wir das in einer Disco in Kahl gebührend gefeiert. Ich schlug ein wenig über die Stränge und wurde zu später Stunde aus dem Lokal geschmissen. Über die Abstiegsrelegation haben wir uns schließlich gerettet. Im letzten Spiel schoss ich mein einziges Tor für Alzenau, als ich aus einem Meter den Ball über die Linie schob. Den Treffer hätte auch Jens Spahn gemacht“, meinte der ehemalige „Zehner" mit einem verschmitzten Lächeln.
Nach dem einjährigen Intermezzo im Nachbarbundesland folgte der Familienvater dem Lockruf seines ehemaligen Trainers Jupp Lofink zum Bezirksoberligisten FSV Bad Orb. „Für mich begann die größte Zeit meiner Karriere. Wir spielten richtig guten Fußball und hatten außerhalb des Platzes nur Blödsinn im Kopf. Wir haben uns gegenseitig immer die Seckel richtig vollgemacht.“ Der Abstieg 1996/97 wurde mit der Meisterschaft 1997/98 sofort repariert. „Das waren schon bewegende Momente, als wir gegen Hailer in der „Au” den Aufstieg perfekt machten. Drei Jahre später machten wir in der Bezirksoberliga Frankfurt Ost unter Coach Helmut Dauth in Sprendlingen unser Meisterstück und stiegen in die Landesliga Süd auf", erinnert sich der 46-Jährige an glanzvolle Zeiten in der Kurstadt. In der zweithöchsten Amateurklasse gelang Bad Orb in drei Jahren mit drei verschiedenen Trainern der Klassenerhalt.
Mit den Übungsleitern hatte der hinter den Spitzen agierende Zehner nie Probleme. „Ich war in fast jedem Training da. Die Zusammenarbeit beruhte auf gegenseitiger Wertschätzung. Bei Julio Alvarez war ich mit meiner damaligen Lebensgefährtin als Überraschungsgast an einem Samstagabend zum Abendessen eingeladen. Als Bad Orb mal einen Satz Trikots ausrangierte, war ich nicht im Training, doch Alvarez sicherte mir das Shirt mit meiner Nummer zehn. Das war schon eine noble Geste."
Auch über den heutigen Bad Orber Trainer Ralf Krieger kann Haberkorn eine schöne Anekdote beisteuern. „2003/04 standen wir neun Spieltage vor Schluss mit 17 Punkten mit dem Rücken zur Wand, als Krieger das Amt von Alvarez übernahm. Er vermittelte der Mannschaft, dass wir nicht absteigen. Zwar verloren wir die ersten zwei Partien gegen Bad Homburg und Viktoria Aschaffenburg, doch aus den restlichen sieben Begegnungen holten wir 18 Punkte und schafften am letzten Spieltag die Rettung. Dabei waren wir schon mausetot", kommentierte der Linksfuß dieses kleine Fußballwunder.
Mit 32 Jahren schloss sich mit der Rückkehr nach Pfaffenhausen für den verlorenen Sohn ein wenig der Kreis. „Mit Thomas Sinsel agierten wir als gleichberechtigtes Spieler-Trainer-Duo. Gleich im ersten Jahr 2006/2007 wurden wir durch einen Sieg gegen VfB Oberndorf Meister und stiegen in die Kreisoberliga Gelnhausen auf. Präsident Peter Geis lief nach dem Abpfiff auf den Platz und verdrückte ein Tränchen. Solche Momente bleiben in der Erinnerung haften."
2008/09 stand der SVP als Absteiger fest, doch der Rückzug von Melitia Aufenau sicherte Pfaffenhausen den Verbleib in der Kreisoberliga Gelnhausen. Mit 38 Jahren heuerte Haberkorn, der den ehemaligen Bayern-Spieler Mehmet Scholl als sein Vorbild auf der großen Bühne nennt, bei der KG Wittgenborn an. „Nach Platz vier im ersten Jahr wurde ich in der zweiten Saison kurz vor Ende der Runde entlassen. Es ist damals alles ein wenig blöd gelaufen, deswegen hege ich auch keinen Groll."
Heißsporn ohne Platzverweise
Nach so vielen Jahren als aktiver Spieler und der Frage, ob man im Nachhinein alles richtig gemacht habe, kommt die Antwort prompt: „Ich würde alles noch mal genauso machen. Es war eine supertolle Zeit. Zudem möchte ich betonen, dass ich nie wegen Foulspiels oder einer Unsportlichkeit die Rote Karte sah, und dass, obwohl ich manchmal schon ein Heißsporn und ein Rumpelstilzchen war." Sich selbst bezeichnet Haberkorn als den klassischen Linksfuß mit der gewissen Spielintelligenz. „Nicht mein Ding ist das Kopfballspiel. Wenn ich nach links köpfen wollte, ging der Ball nach rechts, zudem habe ich mich manchmal zu viel mit dem Schiedsrichter oder den eigenen Mitspielern beschäftigt."
Nach dem Karriereende 2014 schaut „Haber" sich die Heimspiele seines SV Pfaffenhausen an. „Ich stehe mit den alten Kumpels zusammen. Wir trinken ein Bier, essen eine Bratwurst und gucken dem Treiben auf dem Platz zu."
Seine Freizeit ist mit Joggen, Mountainbike fahren und Wellness gut ausgefüllt. Weiterhin das Leben genießen, Gesundheit für sich und sein Umfeld sowie das Begleiten seiner beiden Jungs bei ihrer Fußballkarriere sind für den 46-Jährigen die weiteren Fixpunkte für die Zukunft.