16 July 2021

Erfolgreicher Spielertrainer und Torschütze im DFB-Pokalspiel

Erfolgreicher Spielertrainer und Torschütze im DFB-Pokalspiel

Martin Hartmann glänzte einst als Halbstürmer mit eingebauter Torgarantie

Von Günter Kircher

Fußball. Sich selbst bezeichnet Martin Hartmann als einen offensiven „Zehner". Für seinen Heimatverein FSV Bad Orb bestritt der torgefährliche Halbstürmer circa 430 Spiele und erzielte dabei 215 Tore - für einen offensiven Mittelfeldspieler eine beachtliche Quote. Mit 27 Jahren schlug der Sport- und Geographielehrer die Spielertrainer-Laufbahn ein und agierte beim TSV Kassel, dem FSV Großenhausen, dem VfB Oberndorf und dem FC Burgjoß als ein erfolgreich spielender Übungsleiter. Mit 41 Jahren ließ der kopfballstarke Akteur seine Karriere langsam ausklingen. Mit den alten Herren des FC Burgjoß sammelte der Vater eines Sohnes im fortgeschrittenen Alter noch einige Kreismeistertitel im AH-Bereich.

In einer mit vielen Höhepunkten gespickten Karriere ist sein Führungstor 1977 beim DFB-Pokalspiel mit Bad Orb beim VfL Wolfsburg unvergessen. Dass die wacker kämpfenden Kurstädter in der VW-Stadt 1:3 verloren, sei nur am Rande erwähnt. Auch das Freundschaftsspiel 1982 gegen die Nationalelf von Kamerun, die an der Weltmeisterschaft in Spanien teilnahm, sowie der Bezirksligagipfel bei Kickers Offenbach mit Bad Orb zählten zu den „Filetstücken" in seiner Laufbahn.

Nach seiner Zeit in den Jugendteams des FSV Bad Orb feierte der Regionalleiter einer Bankenversicherung mit knapp 17 Jahren sein Debüt im Seniorenbereich. „Ich spielte damals parallel A-Jugend und erste Mannschaft," erinnert sich der 65-Jährige. In den zehn Jahren beim FSV erlebte der Fan des 1. FC Köln und des FC Bayern München einige Highlights, darunter Aufstiege in die Bezirksliga und Landesliga. Mit 21 Jahren sorgte der B-Scheininhaber zunächst im Hessenpokal für Schlagzeilen. Seine Tore gegen Hanau 93 (1:0) und TSV Battenberg (2:1 n. V.) ebneten den Weg zur letzten Hürde vor dem Einzug in die erste DFB-Pokal-Hauptrunde. In Bebra siegten die Kurstädter 3:1 gegen Tuspo Wabern und lösten als Bezirksligist das Ticket für den DFB-Pokal, wo das Los die Kurstädter zum damaligen Regionalligisten VfL Wolfsburg führte.

„Vor 1600 Zuschauern führten wir durch meinen Treffer 1:0. Leider konnten wir den Vorsprung nur drei Minuten halten. Wir lieferten als Bezirksligist dem zwei Klassen höher spielenden Gegner einen großen Kampf und unterlagen am Ende 1:3. Die immerhin 600 Fans, die uns begleitet hatten, sorgten für eine tolle Atmosphäre in Wolfsburg."

Auch ein Spiel in der Bezirksliga Frankfurt Ost auf dem legendären Bieberer Berg in Offenbach ist Hartmann in Erinnerung geblieben. „Wir fuhren mit einem Punkt Vorsprung zur zweiten Mannschaft von Kickers Offenbach. Mit Uwe Bein, Hans-Peter Knecht und Michael Grünewald standen aufstrebende Talente in den Reihen des OFC. Mein Führungstor reichte nicht, denn der begnadete Uwe Bein erschoss uns mit drei Toren im Alleingang. Unter den 1000 Zuschauern war die Mehrzahl der Fans aus Bad Orb. Am Ende stieg der OFC II als Erster auf, und wir gingen als zweiter mit hoch in die Verbandsliga. “

Kurz vor dem Ende seiner Zeit in Bad Orb (1982) blieb das Testspiel gegen den WM-Teilnehmer Kamerun im Gedächtnis haften. „Wir lieferten ein tolles Spiel ab. Beim Stande von 0:0 köpfte ich den Ball an den Torpfosten. Am Ende verloren wir nur 0:1. Wochen später bei der WM trotzte Kamerun dem späteren Weltmeister Italien ein 0:0 ab, und wir sahen viele Spieler Kameruns im Fernsehen, die Wochen zuvor noch auf dem Rasen der ,Au' gestanden hatten."

Extralob für den „großen Bruder“ Norbert

Ein Extralob hat der 65-Jährige für seinen großen Bruder Norbert parat. „Obwohl er selbst in der Offensive stark war, hat er als defensiver Mittelfeldspieler meist meinen Gegenspieler noch mitgedeckt und mir meine Freiheiten in der Offensive ermöglicht." In der Saison 1982/83 trat der Familienvater beim TSV Kassel in der Bezirksliga Frankfurt Ost seine erste Station als Spielertrainer an. „Das erste Jahr fing mit einer Enttäuschung an, denn wir sind abgestiegen, was auch dem Umstand geschuldet war, dass vier gute Akteure den TSV verlassen hatten. Ein Jahr später verloren wir vor 2000 Zuschauern in Höchst die Aufstiegsrelegation zur Bezirksliga Frankfurt Ost gegen Niedermittlau mit 0:1. Im Jahr darauf wurden wir Vizemeister. Insgesamt war es in Kassel eine gute Zeit mit einer tollen Kameradschaft und einem guten Zusammenhalt." 1985/86 heuerte Hartmann beim FSV Großenhausen an. „Es ging von Anfang an in der Bezirksliga Frankfurt Ost gegen den Abstieg. Viele Spieler hatten ihren Leistungszenit schon überschritten. In der zweiten Halbserie habe ich meinen Bruder Norbert aktiviert. In der Relegation haben wir nach einem 2:1-Sieg gegen Kaichen noch den Klassenerhalt geschafft.“ Nach einer Saison im Linsengericht zog der offensive Mittelfeldspieler zum VfB Oberndorf weiter. Dort sollten fünf erfolgreiche Jahre folgen. „Weil der VfB vor meiner Zeit nur knapp den Klassenerhalt schaffte, hatte ich eine Nichtabstiegsprämie im Vertrag. Durch den Aufstieg in die Bezirksliga Frankfurt Ost ist eine Aufstiegsprämie daraus geworden.“ Nach dem Aufstieg ging in Oberndorf der Punk ab. „Wir sind mit einem Leiterwagen, auf dem 500 Liter Bier standen, und offenen Cabrios durch den Ort gefahren. Die Leute standen am Straßenrand, es herrschte eine riesengroße Begeisterung. Die Spieler hatten alle eine Woche Urlaub genommen. Beim Löwenwirt wurde dann weiter gefeiert. Als ich morgens um fünf das Lokal verließ, guckten viele ziemlich ungläubig", erinnert sich Hartmann an die Aufstiegsfeierlichkeiten. Neben dem guten Teamgeist und Gemeinschaftsgefühl waren die Skifreizeiten des VfB im Winter legendär. „In Oberndorf bekam kein Spieler Geld. Der Bürgermeister klapperte im Ort die Geschäftsleute ab und hatte Geld gesammelt. Mit einem ordentlichen Batzen Bares ging es nach Filzmoos. Jeder Spieler konnte sich einen eigenen Skilehrer leisten", plaudert der damalige Spielertrainer aus dem Nähkästchen.

Nach der Zeit in Oberndorf übernahm der damals 36-Jährige zusammen mit Bruder Norbert den B-Ligisten FC Burgjoß. „1995 gelang der Aufstieg in die A-Liga Gelnhausen. Ein Jahr später scheiterte der FCB in der Aufstiegsrelegation erst in der Verlängerung an Germania Wächtersbach. Mein Bruder und ich kickten dann noch gemeinsam bei den Alten Herren weiter, wobei wir einige Kreismeisterschaften mit dem FCB holten. Trotz einiger Anfragen zog Hartmann mit 41 Jahren einen Schlussstrich unter seine Trainertätigkeit, lediglich die Spiele bei den Alten Herren in Burgjoß ließen seine Fußball-Leidenschaft nochmals auf flackern. Aus Bad Orber Zeiten ist dem torgefährlichen Zehner mit Karl Fritz ein guter Übungsleiter in Erinnerung geblieben. Sich selbst skizziert der 65-Jährige als Kumpeltyp. „Ich habe immer versucht, ein spielerisches Training zu machen, und bei den Übungen den Ball viel mit einbezogen. In der heutigen Zeit fließen auch noch viele taktische Dinge mit ein."

Besonderer Dank an Ehefrau Brigitte

Die Entwicklung im Amateurfußball sieht der frühere Spieler mit gemischten Gefühlen. „Im Amateurbereich ist das Niveau rückläufig, während es im Profibereich gestiegen ist. Man muss jetzt auch mal abwarten, ob nicht einige Spieler nach der langen Corona-Zwangspause anderen Aktivitäten nachgehen. Obwohl der Fußball früher langsamer war, fand ich ihn attraktiver. Man konnte auch mal Bälle über 35 Meter spielen. Heute sind die Räume mehr besetzt. Zudem haben sich die Systeme geändert, dazu ist mehr Tempo und Athletik gefragt. " Zu seiner Zeit als Spieler und Trainer war es nicht immer ganz einfach, Beruf, Familie, Fußball und den heimischen Pensionsbetrieb seiner Schwiegereltern unter einen Hut zu bringen. „Deshalb möchte ich zum Abschluss meiner Frau Brigitte ein großes Dankeschön sagen, denn sie hat in all den Jahren immer hinter mir gestanden und mir den Rücken gestärkt."