Ein Jahrhundert im Zeichen des Sports Teil 2
Morgen - am 1. August 2021 - blickt der Fußballsportverein Bad Orb auf das 100-jährige Bestehen
Von Elsbeth Ziegler
100 Jahre FSV Bad Orb sind ein passender Anlass, einmal in den Chroniken zu blättern, um zu erfahren, wie vor einem Jahrhundert alles begann - und weiterging.
„Angeregt durch den 1. Bad Orber Fußball-Club, der bereits seit Ende des Ersten Weltkriegs Fußball spielte, ergriffen im Jahre 1921 einige Schüler der damaligen Lateinschule (die Lateinschule war die Vorgängerin der heutigen Kreisrealschule) die Initiative, ein Gleiches zu tun", heißt es in der FSV-Fest-schrift zum 50-jährigen Bestehen. Die Schüler gründeten den Jugendsportverein 1921 Bad Orb. Die jungen Männer waren Josef, Ernst und Willi Nix, Rudi und Albert Pfeifer, Eugen Walter, Otto Brähler und Heini Wolf. Als Vorsitzender wurde Josef Nix gewählt. „Sie lockte der Reiz des Wettbewerbs und das faire Kräftemessen mit anderen Fußballbegeisterten benachbarter Ortschaften", schreibt der Chronist der Festschrift zur 60-Jahrfeier. Neben der Leichtathletik trat das Fußballspielen immer mehr in den Vordergrund. Es dauerte nicht lange, bis eine komplette Mannschaft aufgestellt werden konnte. Bis Ende des Gründungsjahres zählte der Jugendsportverein bereits 30 Mitglieder. Damals, so zeigt die Vereinsgeschichte, spielte man gegen Jünglingsvereine katholischer Gemeinden und gegen Mannschaften bereits bestehender Vereine.
„Sie, die das 1 x 1 des Fußballs erst noch lernen mussten, kannten dennoch keine Furcht vor etablierten und ausgereiften Mannschaften", berichtet die Chronik weiter. Groß muss der Trainingseifer gewesen sein; denn bereits im März 1922 fegte der Jugendsportverein den „1. Bad Orber Fußball-Club" mit 13 :1 vom Platz. Der „Orber Anzeiger" vermerkte in seiner Ausgabe vom 22. März dann auch: „Trotz starker körperlicher Überlegenheit konnte der 1. Bad Orber Fußball Club nichts gegen die Mannschaft des Jugendsportvereins ausrichten." Die Spielresultate ergaben, so die Erinnerungen von Spielern der ersten Jahre, dass der Eifer der noch jungen Mannschaft die Spielerfahrung der Gegner ausgeglichen habe.
Schnell die ersten Erfolgserlebnisse erspielt
1923 übernahm mit dem Lehrer Karl Imand eine erfahrene Führungskraft den Vorsitz. Schriftführer wurde Karl Döppenschmidt und Josef Nix Kassierer. Die damals gegebenen Statuten begleiteten den Verein, der nun „Sportverein 1921 Bad Orb" hieß, durch viele Jahrzehnte. Der Kreis der sportlichen Gegner erweiterte sich. Erfolgserlebnisse ließen nicht auf sich warten. Nach einer Wiese hinter dem Hotel Hohenzollern und einem Heidefeld auf dem Hühnerberg kam der Verein zu einem Spielplatz auf dem ehemaligen Sägewerk am „Spessartlüftle" im Orbtal. Der Platz war zwar mit 35 mal 70 Metern recht klein; aber man konnte hier ohne Ärgernis Fußball spielen. Ein
Sportzentrum entstand.
1924 wurde der Verein in den Süddeutschen Fußballverband aufgenommen und der C-Klasse Kinzigtal zugeteilt. Auf Anhieb wurden die Orber Meister. Doch die Freude währte nur kurz. Auf Einspruch eines Vereins wurden die auf dem Sportplatz „Spessartlüftle" gewonnenen Spiele wieder aberkannt; weil das Rasenrechteck nicht exakt den vom Verband vorgeschriebenen Maßen entsprach. Die Enttäuschung war groß. Nicht nur die Meisterschaft war verloren, auch künftige Verbandsspiele konnten hier nicht mehr stattfinden. Dem unermüdlichen persönlichen Einsatz des Vorsitzenden Eduard Röder (seit 1925) war es dann zu verdanken, dass in der Nähe der Aumühle zunächst ein Ersatzgelände und später Raum für einen eigenen Sportplatz gefunden werden konnten. Großes Ziel war die Schaffung einer vereinseigenen Sportanlage.
Ziel: Eine eigene Sportanlage
Dazu wurde Gelände von den verschiedenen Bürgern angekauft. Große Sorgen drehten sich um die Finanzierung des angestrebten Werkes. Ein Darlehen, das ein dem Sport wohlgesonnener Bad Orber Kaufmann dem Verein ermöglichte, wurde durch Zuschüsse des Regierungspräsidiums, der Stadt Bad Orb und des Kreises Gelnhausen ergänzt. Zur Finanzierung trug auch der Verkauf von „Bausteinen" bei. Für das Darlehen des Süddeutschen Fußballverbandes übernahm August Röder 1927 die Bürgschaft.
Nicht zu unterschätzen war die Muskelkraft der Spieler und Mitglieder. Die Aufwendungen bis zur Fertigstellung des „Stadions in der Au" betrugen rund 7 000 Reichsmark. Schon bald herrschte reger Spielbetrieb. Unter der Leitung von Lehrer Josef Wagner erreichte die Jugendmannschaft mehrfach Kreismeisterschaften und bildete ein wertvolles Reservoir für die
1. Mannschaft und deren Aufstieg. Im Zuge der „sportlichen Gleichschaltung" musste der damalige Vorsitzende Eduard Röder 1933 sein Amt niederlegen. 1938 ging der mit so vielen Opfern errungene Sportplatz Aumühle im Zuge jener „sportlichen Gleichschaltung" in den Besitz der Stadt über. Notgedrungen kam im Zweiten Weltkrieg auch der heimische Sport zum Erliegen. Der Sportverein Bad Orb und der TV 1868 Bad Orb schlossen sich 1940 zur „Turn- und Sportgemeinschaft Bad Orb" zusammen. Erster Vorsitzender der TSG wurde Hans Weiler.
Auf Order der Militärregierung war nach dem Krieg in Orten unter 10 000 Einwohnern nur noch ein Sportverein erlaubt. Am 6. Oktober 1945 wurde als Dachorganisation die „Turn- und Sportvereinigung Bad Orb" gegründet und der „Sportverein 1921" zu einer Unterabteilung. Die amerikanische Besatzungsmacht setzte Bürgermeister Anton Drisch als Vorsitzenden der Turn- und Sportgemeinschaft ein. Abteilungsleiter für die einzelnen Vereine waren: Helmut Holzmann, Anton Prasch, Karl Rübsam, Albert Pfeifer und Eugen Zipfel. Binnen kurzem gab es wieder eine spiel-
starke Fußball-Mannschaft. Das erste Spiel, im November 1945, gewannen die Orber mit 8:3 gegen Wächtersbach.
Die ersten Rundenspiele beginnen im Jahr 1946
Ab 1946 liefen die ersten Rundenspiele. Bald stieg das Team zur A-Klasse auf. Bereits ab 1947 wurde wieder eine Jugendabteilung ins Leben gerufen. 1950 löste sich die Sportvereinigung auf, und die Fußballer firmierten nun unter „Fußball-Sport-Verein 1921 Bad Orb" (FSV). 1954/55 brachte dem Verein den Höhepunkt mit der Meisterschaft in der A-Klasse. 1955 heißt es in den Annalen, dass dem Meister der A-Liga Gelnhausen erstmals der Aufstieg in die 2. Amateurliga Frankfurt/Ost gelingt; aber auch, dass der FSV seine höchste Punktspiel-Niederlage der Vereinsgeschichte kassiert. Gegen den VfB Großauheim kam man mit 0:9 unter die Räder. Der Abstieg kam nach nur einem Jahr. Viele Erfolge, doch auch Niederlagen, die Chronik nennt sie dabei „Fahrstuhl-Mannschaft", prägten auch die nächsten Jahre. 1960 wurde der Wiederaufstieg denkbar knapp verpasst. Die Vereinssatzung wurde ins Vereinsregister eingetragen, und im Mai 1961 kam das „e. V." hinzu. 1964 erfolgte die Anlage des Rasenplatzes und der Laufbahn der Sportanlage in der Au in ihrer heutigen Form und vier Jahre später wurde auf dem Rasenplatz die Flutlichtanlage mit acht Masten errichtet.
50-jähriges Bestehen pompös in Szene gesetzt
Das 50-jährige Bestehen startete im Juni 1971 mit einem Festkommers im Weißen Saal des Kurhauses unter musikalischer Begleitung durch das Kurorchester und die „Sängerlust". Schirmherr war Bürgermeister Robert Bauer. Mehrere Festtage, die in einem richtigen Volksfest samt Festzug, Tombola und Höhenfeuerwerk gipfelten, schlossen sich an. Ein Jahr später begann der Bau des Sportheims auf dem Sportgelände in der Au. Die Arbeiten wurden von den Mitgliedern des FSV Bad Orb in Eigenregie durchgeführt. Die Stadt Bad Orb übernahm die Materialkosten. Für die Arbeitsleistung seiner Mitglieder erhielt der FSV das „Stockwerkseigentum" am ersten Obergeschoss. Auch im sportlichen Bereich glänzten die Orber Fußballer, und es ging 1972 mal wieder aufwärts in die A-Liga. Zum Saisonende sicherte man sich den fünften Platz. 1974 markierte nicht nur den Abschluss des Sportheimbaues, die Orber Kicker belegten auch den dritten Platz in der A-Liga. Neben dem Rasenplatz wurde nun der Hartplatz gebaut. Mit sechs Flutlichtmasten ausgestattet, sollte er den Rasen im Trainings- und Spielbetrieb entlasten. 1975 wurde der FSV souverän Meister der A-Liga Gelnhausen und stieg in die Bezirksliga Frankfurt/Ost auf. Hier konnte er sich rasch akklimatisieren, belegte den dritten Platz und gewann auch den Kreispokal Gelnhausen. 1977 war wiederum von Erfolg gekrönt. Über
den Bezirks- und Hessenpokal gelang den Spielern der Einzug in die erste Hauptrunde des DFB-Pokals - der bis heute größte Höhenflug und Erfolg in der Vereinsgeschichte. Im Juli 1977 trat man beim VfL Wolfsburg an. Trotz einer 1:0-Führung durch Martin Hartmann vor 1 500 (davon ein paar Hundert mitgereiste Bad Orber) Zuschauern musste man sich am Ende mit 1:3 geschlagen geben. 1978 gelang dem FSV Bad Orb ein großer Wurf, als man in der Bezirksliga Frankfurt/Ost hinter den Amateuren von Kickers Offenbach den zweiten Tabellenplatz belegte. Damit war der erstmalige Aufstieg in die Landesliga Hessen Su d perfekt. Erneut wurde der FSV auch Kreispokalsieger. Das zweite Jahr in der Landesliga lief nicht so optimal, und so fand sich der Verein in der Bezirksliga Frankfurt/Ost wieder. Längst gab es auch eine
2. Mannschaft. 1981 wurde nicht nur der 60. Geburtstag mit einem umfangreichen Programm tüchtig gefeiert, es stand auch der Aufstieg in die Landesliga an sowie, wie in weiteren Jahren, der Kreispokalgewinn. Ende Mai 1982 bestritt die 1. Mannschaft ein Freundschaftsspiel gegen die Nationalelf des WM-Teilnehmers Kamerun. Das Spiel wurde denkbar knapp mit 0:1 verloren. Im Durchschnitt kamen damals um die 400 Zuschauer zu den Spielen in die Au - beim Kamerun-Match waren es einige hundert mehr. Die Fans hatten damals die Möglichkeit, kostenlos von Bad Orb aus mit der Kleinbahn zum Stadion und auch wieder zurückzufahren.
1986 - 1:6 gegen die Eintracht Frankfurt verloren
Im Sommer 1986 fand ein Freundschaftsspiel gegen den Bundesligisten Eintracht Frankfurt statt. Vor 2 200 Zuschauern verloren die Orber mit 1:6. Nach sechs Jahren stieg der FSV 1987 wieder ab und punktete in den folgenden Jahren in der Bezirksliga, die 1992 in „Bezirksoberliga Frankfurt/Ost" umbenannt wurde.
Passend zum 70. Geburtstag qualifizierte man sich zur Deutschen Meisterschaft im Torwandschießen. Im Mai 1992 fand ein Benefiz-Spiel des Bezirks-Oberligisten FSV Bad Orb gegen Eintracht Frankfurt statt, das mehrere Tausend Fans anlockte. Der FSV Bad Orb schlug sich wacker und musste sich dann doch geschlagen geben. „Toll, wie der Bezirks-Oberligist den Frankfurtern das Leben schwermachte und zur Pause sogar 3:2 führte", schrieb die BILD-Zeitung anerkennend. Die Kurstadt war ganz auf Fußball eingestellt. Pfarrer Rudolf Hofmann hatte sogar die Quellensegnungsprozession um einen Tag vorverlegt.
Ein besonderes Match lockte 1993 erneut 3 000 Zuschauer in die Au, als ein Freundschaftsspiel gegen die „Uwe-Seeler-Traditionself" mit den Fußballlegenden Günter Netzer, Wolfgang Overath und Bernd Hölzenbein aus der WM-Mannschaft von 1974 angesagt war. In einem spannenden Spiel unterlag der FSV mit 5:9. Obwohl der „Kaiser" verletzungsbedingt nicht spielen konnte, war Bad Orb im „Beckenbauer-Fieber" und konnte das Idol zumindest leibhaftig begrüßen.