16 July 2021

Das Comeback der Zeitstrafe

In jungen Jahren ans Tor der Bundesliga geklopft

Testlauf soll zeigen, ob sich Angriffe auf Schiedsrichter im Amateurfußball reduzieren lassen

Von Philipp von Wedelstedt

Frankfurt. Die Regeln im Fußball sind simpel: Zweimal Gelb bedeutet Gelb-Rot. Zumindest für Amateurfußballerinnen und Fußballer in Hessen gilt diese Gleichung ab sofort nicht mehr. Statt wie bisher für den Rest der Partie müssen sie den Platz nach der zweiten gelbwürdigen Aktion nun nur für zehn Minuten verlassen.

Eigentlich hätte das Projekt Zeitstrafe des Hessischen Fußball-Verbandes (HFV) schon im Sommer 2020 umgesetzt werden sollen. Der DFB hatte seine Zustimmung gegeben. Doch wegen der Corona-Pandemie wurde die Regeländerung kurzfristig verschoben. Mit der neuen Regel wollen die Hessen erreichen, dass es weniger Angriffe auf Unparteiische gibt. Die Zeitstrafe

soll es möglich machen, „die Spieler aus den Situationen rauszunehmen und die Emotionen runterfahren zu lassen", so HFV-Präsident Stefan Reuß. Man habe auch auf das Feedback der Vereine gehört, die den Verband immer wieder auf dieses Thema angesprochen hätten.

Die Zeitstrafe ist keine Neuerfindung. Bis in die Neunzigerjahre war sie noch fest in den Regelbüchern der Verbände verankert, bevor sie in Deutschland flächendeckend abgeschafft wurde. „Gelb-Rot wurde eingeführt, war damals aber ziemlich umstritten", erinnert sich Reuß, der seinerzeit als Schiedsrichter selbst noch die Zehn-Minuten-Strafe anwenden konnte.

Nun ist sie also zurück. Die Regeländerung gilt für alle Spiele in Hessen auf Kreisebene. Nach dem zweiten gelbwürdigen Foul wird in Zukunft eine Zeitstrafe von zehn Minuten verhängt. Jedes weitere verwarnungswürdige Foul wird dann mit dem endgültigen Platzverweis geahndet.

Während einer laufenden Zeitstrafe dürfe Gesperrte nicht durch andere Aktive ersetzt werden. Gegen Team-Offizielle und Spielerinnen und Spieler auf der Ersatzbank findet die neue Regel keine Anwendung. Sie können weiterhin mit einer Gelb-Roten Karte des Platzes verwiesen werden. Für Ligen oberhalb der Kreisligen gibt es laut HFV-Präsident Stefan Reuß keinen Bedarf für die Zeitstrafenregel. Dort sind die Referees nicht allein, sondern pfeifen im Gespann. „Zu dritt kann man das Spiel besser beobachten."

Noch ist die Zeitstrafe ein Projekt auf Zeit. Beim nächsten DFB-Treffen im Januar 2022 soll der hessische Verband über die Erfahrungen und Ergebnisse berichten. Dann wird entscheiden werden, ob die Zeitstrafe eine Zukunft im deutschen Amateurfußball hat - auch jenseits von Hessen.

FOTO: MARCELLO DI CICCO